Rundgang Kunstakademie Düsseldorf

08.02.2019

Für den Rundgang über den Rundgang gibt es eine Regel: starte unten und verpasse nichts.
Dabei schützt mich mein persönlicher, objektiv betrachtet sehr subjektive Filter davor, endlos vor den Gemälden der 50 Anzinger Studenten stehen zu bleiben und für wirklich Interessantes keine Zeit mehr zu haben. Ich verstehe nicht, warum die Düsseldorfer Akademie immer wieder – auch in diesem Jahr kolportiert – als Maler Akademie besprochen wird. Es sind wohl zuletzt die Zeiten gemeint, in denen Lüpertz, Immendorff und Co. noch studierten. Doch was ist mit der Ära Becher, deren Klasse viele Jahre stärkster Magnet für die Besucher der jährlichen Show war. Ich persönlich erlebe schon lange bereits im Erdgeschoß bei den Bildhauern meine ersten Wow Erlebnisse, wo ich erstmals vor den Arbeiten von Michail Pirgelis, Thomas Woll oder Claudia Mann stand. In diesem Jahr hat mich mal wieder die Klasse Vermeiren besonders gefesselt. Mit Tristan Ulysses Hutgens habe ich mich unterhalten. Seine Werke leben von einer gründlichen Reflexion bildhauerischer Prozesse, dem Abformen und Form geben einerseits, andererseits von einem gehörigen Respekt gegenüber den Materialien, sei es Blech, Ton oder Glas. Am Ende macht die Wahl der Präsentation die große Geste komplett.

Sperrig und zunächst rätselhaft treten mir später die Werke der Abschluss Präsentation von Eun Kyung Kim entgegen. Ihre Installationen aus transparenten Materialien, wie Wasser, Glas, Plexi und Plastik, zusammen mit Neonlicht und Spiegeln offenbaren erst in der Zusammenschau die Sprache der Künstlerin. Ich habe mehrfach einen ruhigeren Moment abgepasst, denn zu viele Besucher verhindern den wichtigen Gesamtanblick.

Die ungeplanten Zufallsbegegnungen mit der Kunst von Hutgens und Eun Kyung Kim gehören für mich zu den diesjährigen Entdeckungen, die ich beim ziellosen Schlendern in diesem Jahr mehrfach machen konnte. Fynn Ribbeck fällt auf und die Installation ‚Alma Lunik Dea Longituda – Göttin der Kurzwelle‘ von Viktoria Strecker, sowie Severin Spengler aus der Odenbach Klasse macht den Weg ins Dachgeschoß unvermeidbar.

Aus der Erfahrung der letzten Jahre suche ich bestimmte Klassenräume allerdings schon mit einer gewissen Erwartungshaltung auf. Dazu gehörte zuletzt der Klassenraum Andreas Gursky im ersten Stock. Die Abschlußzeigungen von Jens Kothe, Paul Hempt und vielen anderen haben diesen Raum immer zu einem Erlebnis werden lassen. Jetzt unterrichtet hier Peter Piller. Ich weiß, ich war dort. Von dem, was ich sah, habe ich nichts verstanden. Danach, wie gesagt…. Anzinger … eine Pause für die Augen und ein paar Meter die Beine lockern. Auch die Klasse von Katharina Grosse, immer mit auffälligen Arbeiten und immer gut kuratiert, versäume ich nie. Jetzt unterrichtet hier Ellen Gallagher und Kai Borsutzky zeigt seinen Abschluß. Seine vielgestaltige Installation aus Gips, Ton, Neon, Leuchtkästen und Kabeln bedient beinahe all meine persönlichen Leidenschaften und gehört zu den beeindruckendsten Präsentationen dieses Jahres.

Hakan Eren folge ich schon mehrere Jahre. Er beendet in diesem Jahr mit dem Ausscheiden seiner Professorin Katharina Fritsch sein Studium. Seine künstlerische Strategie ist bereits in den ersten Jahren an der Akademie zu erkennen. Hakan Eren agiert bewusst als Dilettant. Die Arbeiten, aufwändig und roh zusammengesetzt, erinnern an die Mobiles eines Alexander Calder oder die Maschinen von Jean Tinguely. Allen gemein ist der Charakter des Spielerischen. Die bunten Präsentationen des Künstlers verbergen in beinahe humoristischer Verkleidung ihre kritisch ernsthaften Inhalte. Ich liebe die lächelnde Provokation seiner Abschluss Ausstellung. Eine Büste aus Ballons, aufwändig präsentiert, verhöhnt das Konzept der Wertschöpfung im Kunstmarkt und ist doch unwiderstehlich schön. Ein betender Moslem hängt Kopf über und ein Derwisch, ,Sinnbild für Spiritualität und Besinnung trägt stolz eine Amerika Kuft.

Rundgang Rundgang Rundgang, noch bis Sonntag und ein guter Tipp fürs Wochenende!

Kai Brückner